Unterschied zwischen Gruppe und Team – 6 Tipps für erfolgreiche Teamentwicklung

Gruppe von Menschen, die ihre Fäuste zusammenstecken - als Symbol für erfolgreiche Teamentwicklung und Teamarbeit

Die moderne Arbeitswelt strotzt nur so von Fachbegriffen, Methoden und Modellen zur Arbeit mit Teams, wie Teambuilding oder Teamentwicklung – und natürlich Team-Performance: Reifegradmodell, Team Canvas, Team Dynamics, die Phasen der Teamentwicklung nach Tuckman, Bedürfnispyramide, Gamification in der Teamarbeit – um nur einige zu nennen. Viele kennen sie, viele nutzen sie – und trotzdem sind die Seminarräume und Konferenzsäle zu allen Themen rund um das Konstrukt “Team” nach wie vor gut gefüllt.

Unterschied  zwischen Gruppe und Team

In unserem Training “Führen und Coachen von agilen Teams” erarbeiten wir mit den Teilnehmenden den Unterschied  zwischen Gruppe und Team:

  • Eine Gruppe ist eine Menge von Personen mit einem gemeinsamen Merkmal.
  • Ein Team ist eine Gruppe von Menschen mit einem gemeinsamen Ziel, das sie nur durch Zusammenarbeit erreichen können.

Soweit, so gut. Das passt seit vielen Jahren – und hilft dabei zu verstehen, dass viele Teams in Organisationen keine echten Teams sind, sondern Gruppen mit gemeinsamen Merkmalen, wie dem gleichen Namen und der gleichen Führungsperson – vielleicht sogar mit den gleichen Aufgaben. Diese Definitionen von Gruppe und Team bringt jedoch noch weitere weitreichende Implikationen mit sich.

Wie entstehen Gruppen und Teams?

In Organisationen werden die Begriffe Team und Gruppe oft synonym verwendet, obwohl sie unterschiedliche Eigenschaften und Dynamiken aufweisen. Die Entstehung von Gruppen und Teams ist dabei einer der wesentlichsten Unterschiede von beiden Organisationsformen.

Gruppe

Wenn eine Gruppe dadurch bestimmt wird, dass sie ein gemeinsames Merkmal hat, dann wird eine Gruppe immer von einem Beobachter oder einer Beobachterin definiert. Dieser beobachtende Person kann Teil der Gruppe sein, kann aber auch von außen kommen.

Eine Gruppe von Menschen, die alle geradeaus schauen

Während ich beispielsweise eine Ansammlung von Menschen in der Kantine beobachte, könnte ich sie in eine Gruppe von Personen mit Brille und in eine Gruppe von Personen ohne Brille einteilen. Da ich mich selbst in der Kantine befinde, bin ich auch Teil einer dieser Gruppen. Ich könnte stattdessen z.B. auch eine Gruppe von Männern und eine Gruppe von Frauen identifizieren. Ich bestimme also als Beobachterin, anhand welcher Merkmale ich eine Gruppe definiere.

Die Gruppe selbst hat damit nichts zu tun und kann sich auch nicht dagegen wehren.

Team

Eine Gruppe von Kindern, die ein Team sind

Wenn ein Team dadurch definiert ist, dass die darin beteiligten Personen ein gemeinsames Ziel verfolgen, das sie nur durch Zusammenarbeit erreichen können, heißt das, dass ein echtes Team nur von innen definiert werden kann. Nur die Teammitglieder selbst entscheiden,

  • ob sie ein Ziel mittragen und
  • zu dessen Erreichung etwas beitragen können, wollen und werden und
  • ob sie mit den anderen Teammitgliedern zusammenarbeiten wollen.

Darin liegen viele individuelle Entscheidungen, die jedes Teammitglied einzeln zu treffen hat – und das immer wieder neu. Ziele ändern sich gemeinsam mit Rahmenbedingungen, genau wie Anforderungen und Beziehungen sich ändern. Und alles wirkt sich aufeinander aus. Nichts bleibt gleich, nur, weil man es zu Beginn einer gemeinsamen Reise definiert hat. Diese ganze Geschichte ist komplex.

Komplexität annehmen

Wir Menschen neigen dazu, Komplexität zu ignorieren, weil man sie von außen weder steuern noch planen kann. Das verunsichert uns. Und deshalb erfinden wir unzählige Methoden und Modelle, die uns glauben machen wollen, dass wir Teams einfach formen, von außen entwickeln und aktiv führen können.

Die meisten Unternehmenskulturen scheitern an genau diesem Missverständnis.

Erst, wenn wir begreifen, dass wir mit Komplexität einfach leben müssen, können wir aufhören Methoden zu suchen und Modelle wahllos auf Teams und Gruppen zu übertragen und stattdessen anfangen, eine hilfreiche innere Haltung zu entwickeln. Dann können wir beginnen zuzuhören, Fragen zu stellen und die Leute in ihren Bedürfnissen ernst zu nehmen.

Es geht uns dabei darum, die durchaus hilfreichen Methoden und Modelle von den weniger hilfreichen zu unterscheiden und sie in unsere Überlegungen mit einzubeziehen. Niemals sollten sie jedoch das Zuhören und Ernstnehmen der Menschen in der jeweils aktuellen Situation ersetzen.

Dabei gilt es auch zu verstehen, dass man nicht zwangsweise jede Gruppe zu einem Team machen muss. Viele Gruppen funktionieren einwandfrei miteinander. Jedes Gruppenmitglied macht seinen Job und trifft sich ab und an mit anderen Gruppenmitgliedern, um sich auszutauschen, voneinander zu lernen und miteinander im professionellen Sinne Spaß zu haben. Super Sache, eigentlich.

Was bedeutet das nun für Teambuilding und Teamentwicklung?

Lass uns diese beiden Begriffe, die oft als Synonyme füreinander benutzt werden, zunächst einmal etwas näher beleuchten. Mit “Teambuilding” meint man die Bildung einer Arbeitsgruppe, während man von “Teamentwicklung” spricht, wenn man den Zusammenhalt und die Effektivität eines bestehenden Teams verbessern möchte. Mit diesen beiden Begriffen sind also völlig unterschiedliche Inhalte verbunden.

In 5 Schritten zum Teambuilding

Wenn wir also davon ausgehen, dass ein Team immer nur durch eine Vielzahl an Einzelentscheidungen durch die betreffenden Teammitglieder entstehen kann, dann müsste – dieser Theorie folgend – beim Teambuilding in etwa so vorgegangen werden:

  1. Start:
    Der Sponsor bzw. die Sponsorin einer Zielerreichung identifiziert das zu erreichende Ziel gemeinsam mit einer Gruppe von Expertinnen und Experten.
  2. Entscheidung:
    Diese Gruppe prüft, ob für die Zielerreichung tatsächlich ein Team benötigt wird und welche Fähigkeiten ein solches Team für die Zielerreichung mitbringen muss.
  3. Einladung:
    Dann überlegt diese Sponsoren-Gruppe, diesen Informationen folgend, welche Personen aus dem Unternehmen sinnvoller Weise dazu eingeladen werden könnten und sollten, sich mit ihrer Expertise in ein solches Vorhaben einzubringen.
  4. Commitment:
    Dieser Gruppe von Menschen wird dann eine ausreichende Anzahl an Informationen über das zu erreichende Ziel und die benötigten Skills zur Zielerreichung zur Verfügung gestellt, damit jedes Gruppenmitglied im ersten Schritt die Entscheidung treffen kann, ob es tatsächlich einen relevanten Beitrag zur Erreichung dieses Ziels leisten möchte und kann. Diese Entscheidung wird jedes Gruppenmitglied nach Einschätzung der persönlichen Wichtigkeit dieser Zielerreichung (auch im Vergleich zu anderen Optionen), der eigenen Fähigkeiten und der zur Verfügung stehenden Zeit und Energie treffen.
  5. Zusammenfinden:
    Im nächsten Schritt finden sich jene, die sich für eine Mitarbeit entschieden haben, zu Teams zusammen. Falls sie noch nicht zusammen gearbeitet haben, ist es wichtig, dass sie sich ein wenig kennenlernen können, indem sie z.B. eine kleine Herausforderung miteinander meistern.

In einem gebildeten Team sollten

  • möglichst alle benötigten Skills abgedeckt sein (oder die Bereitschaft bestehen, diese zu erlernen) UND
  • die Teammitglieder Lust haben, miteinander an der Erreichung des vorgegebenen Ziels zu arbeiten.

Ein Team sollte dabei so klein wie möglich und so groß wie nötig sein. Achtung! Je mehr Personen dabei sind, umso größer sind die Aufwände, um miteinander in guter Verbindung zu bleiben!

Teamentwicklung: Kooperationsbereitschaft und Kooperationsfähigkeit stärken

Unter Teamentwicklung verstehen wir, wie oben bereits beschrieben, die stetige Unterstützung und Förderung der Kooperation innerhalb eines bestehenden Teams. Eine im Sinne der Zielerreichung funktionierende Kooperation wird durch zwei Stränge gespeist, die ständig genährt werden wollen: Kooperationsbereitschaft und Kooperationsfähigkeit. Beides muss von allen Teammitgliedern gegeben sein, damit das Team gut miteinander funktionieren kann.

  1. Kooperationsbereitschaft:
    Das miteinander Tun WOLLEN ist vor allem dann gegeben, wenn die Leute einander vertrauen, sich von den anderen wertgeschätzt fühlen und gerne produktive Zeit miteinander verbringen. Vertrauen wird durchaus häufig zu Beginn als Vorschuss aneinander verschenkt, muss dann allerdings im Arbeitsalltag harte Prüfungen bestehen und sich damit festigen. Damit das passieren kann, sind häufige positive Interaktionen nötig. Dass diese stattfinden können, ist durchaus von außen förderbar.
  2. Kooperationsfähigkeit:
    Das miteinander Tun KÖNNEN kann in vielen Fällen erlernt und durch passende Tools unterstützt werden. Regelmäßig stattfindende Meetings zum Koordinieren der Arbeit, digitale oder physische Visualisierungsformen, die Arbeitspakete, Prioritäten und Fortschritte sichtbar machen etc. bieten einen Rahmen, in dem sich Teammitglieder gut orientieren und ihre Arbeit in Umfang und Tempo abstimmen können.

Das ERFOLG-Modell: Ein praktischer Leitfaden für erfolgreiche Teamentwicklung

Das ERFOLGs Modell für Teamentwicklung

Wir haben gute Erfahrungen damit gemacht, der Teamentwicklung täglich Aufmerksamkeit zu schenken. Dazu haben wir eine kleine Checkliste entwickelt, das E.R.F.O.L.G.-Modell für Teamentwicklung. Hierbei handelt es sich um ein Akronym, das die wesentlichen Anforderungen an wirksame Teamentwicklung beinhaltet.

E.rreichtes erzählen (fördert Kooperationsbereitschaft)

Teile eigene Erfolge und frage die Teammitglieder danach, was ihnen gut gelungen ist und worauf sie stolz sind. Etabliere so nach und nach eine Kultur des Erfolgreich-sein-dürfens, eine Kultur in der man wieder auf die eigene Leistung und auf jene der anderen stolz sein darf. Dazu wird es je nach Persönlichkeiten im Team möglicherweise viel Geduld und Zuversicht brauchen. Der Aufwand lohnt sich jedoch sehr rasch, denn Erfolge – und damit in Folge zufriedene Kunden – verbinden und zeigen den Sinn der gemeinsamen Arbeit.

R.ückschläge relativieren (fördert Kooperationsbereitschaft)

Wenn unvorhergesehene Ereignisse im Außen die eigenen Rahmenbedingungen – und damit den geplanten Weg zur Zielerreichung – verändern, kann das unter Umständen sehr frustrierend sein. Anstatt sich in Verzweiflung zu begeben gilt es dann, sich das Ziel und seine positiven Auswirkungen nochmals vor Augen zu halten und dann einen neuen Weg zu finden, wie es unter den geänderten Rahmenbedingungen trotzdem erreicht werden kann. Das gemeinsame Suchen nach einem Ausweg stärkt den Zusammenhalt und zeigt, dass man sich gegenseitig braucht.

F.ehler feiern (fördert Kooperationsbereitschaft und Kooperationsfähigkeit)

Fehler zu feiern ist natürlich Quatsch. Was es jedoch tatsächlich zu feiern gilt, sind die Lernmöglichkeiten, die sich in Fehlern verstecken. Jeder Fehler zeigt uns auf (wenn wir das sehen möchten), dass es einer Veränderung bedarf. Und damit ist jeder Fehler der Beginn von Verbesserung und Fortschritt. Toll, oder?

O.rdnung organisieren (fördert Kooperationsfähigkeit)

Damit das Team sich “ordnen” kann, also Kooperationsfähigkeit erlangt, ist es hilfreich, einen guten Rahmen für die Zusammenarbeit bereitzustellen. Das sind, wie oben erwähnt, bestimmte wiederkehrende Meetings zur Abstimmung, unterstützende Tools zur Visualisierung oder auch gemeinsame Auszeiten zur periodischen Neu-Ausrichtung (Kalibrierung) des WIE in der Zusammenarbeit.

L.ösen lassen (fördert Kooperationsbereitschaft und Kooperationsfähigkeit)

Stehe deinen Teammitgliedern jederzeit gerne als Sparrings-Partner zur Verfügung. Höre zu, wenn Probleme auftauchen, stelle hilfreiche Fragen, biete eine Projektionsfläche für die Lösungsfindung. NIEMALS solltest du jedoch dem Team die Lösung von Problemen abnehmen. Das müssen und können die Teammitglieder selbst bewerkstelligen. Nur so kann Selbstbewusstsein wachsen und Problemlösungskompetenz kontinuierlich steigen.

G.utes glauben (fördert Kooperationsbereitschaft)

Nein – hier geht es nicht um Gutgläubigkeit oder Naivität. Hier geht es darum, tatsächlich dran zu glauben, dass jede und jeder im Team das Beste gibt, dass derzeit möglich ist – je nach Wissen, Erfahrung, Können und der jeweiligen persönlichen Situation an sich (vgl. Prime Direktive in Scrum Retrospektiven)

ACHTUNG! Vieles davon tut auch Gruppen gut – diese sollten jedoch nicht zur Teilnahme an Teamentwicklungsmaßnahmen genötigt werden!

Fazit: Teams erfolgreich aufbauen und entwickeln

Nicht jede Gruppe muss in ein Team verwandelt werden. Manchmal funktioniert eine Gruppe auch ohne tiefgehende Zusammenarbeit – und das ist völlig in Ordnung. Gruppen können ebenso effektiv sein, solange jedes Mitglied seinen Job gut macht und der Austausch funktioniert.

Teambuilding und Teamentwicklung sind essenziell für den Erfolg in Organisationen, die echte Teams benötigen. Wichtig ist, dass wir erkennen, dass Teams von innen heraus gebildet und entwickelt werden. Mit unterstützenden Herangehensweisen und einer zuversichtlichen Haltung können sowohl Teambuilding als auch Teamentwicklung langfristig erfolgreich sein.

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Literatur

Veronika Jungwirth & Ralph Miarka, Agile Teams lösungsfokussiert coachen, 4. Auflage, dpunkt-verlag Heidelberg, 2022.

(Blog-Post von Veronika Jungwirth, veröffentlicht am 8. September 2024)

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