Wenn der innere Schwarzmaler Urlaub macht – und Platz für Lösungen frei wird

Ein Becher auf dem steht "Today is a beautiful day"

10. September - Internationaler Positive Thinking Tag

Vor ein paar Tagen hatte ich ein längeres Telefonat mit einer lieben Freundin und früheren Kollegin. Sie ist Pädagogin, mittlerweile großartige (wie ich finde) zweifache Mama – und nach wie vor jemand, mit der man tiefsinnig philosophieren und gleichzeitig schallend lachen kann.

Mitten im Gespräch fragte sie plötzlich:

„Daniela, hast du das eigentlich gelernt? – Also so zu denken – oder warst du immer schon so?“

Ich war erst mal irritiert. „Wie… so zu denken?“

„Naja… ich finde, du versuchst doch immer, das Positive zu sehen.“

Da musste ich kurz innehalten – und dann dankbar und gleichzeitig gerührt lächeln. Denn wenn ich einen von früher gut kenne, dann ist es mein innerer Schwarzmaler…

Als geborene Perfektionistin fiel es mir lange schwer, das Positive zu sehen – denn es war in den seltensten Fällen so perfekt, wie ich es mir ausgemalt hatte. Ich konnte hervorragend den Teufel an die Wand malen, bevor überhaupt klar war, ob es überhaupt einen Teufel gab (oder eine Wand).

Gerade in meiner Zeit als Leiterin im Kindergarten setzte ich mir selbst das Ziel, immer eine Lösung für mein Team parat zu haben und immer gut drauf zu sein, denn ich glaubte, so kann ich meine Mitarbeitenden am besten auffangen. Ich dachte, das sei meine Aufgabe – und meine Verantwortung.

Heute weiß ich: Es war vor allem das Rezept für meine persönliche Daueranspannung – und da half meistens nicht mal mehr ein Keks. (Und das will was heißen 😉.)

Statt mich in einer Dauerschleife zwischen Problemen und Erwartungen zu verlieren, habe ich gelernt: 

Lösungsfokussiertes Denken ist mein persönlicher Schlüssel zum beruflichen und auch privaten Erfolg.

Was Lösungsfokus eigentlich (für mich) bedeutet

Lösungsfokus heißt für mich, den Blick zu verschieben – weg vom Schwarzweiß-Sehen, hin zum Farbmodus. Nicht alles ist plötzlich bunt und fröhlich – aber es wird lebendiger, klarer, leichter. Und damit meine ich nicht, Probleme wegzuwischen oder schönzureden, sondern sie so zu betrachten, dass Bewegung möglich wird.

Das ist, als würdest du mit einer Taschenlampe in einem dunklen Raum stehen. Du kannst auf den chaotischen Haufen in der Ecke leuchten – oder auf den kleinen, freien Weg zwischen den Kisten, der dich weiterbringt.

Und dabei helfen mir immer wieder diese 3 kleinen Fragen:

  • Was funktioniert schon?
  • Wovon könnte ich mehr machen?
  • Was ist mein nächster kleiner Schritt?

Diese Haltung entlastet. Sie schafft Raum – und manchmal auch Luftlöcher im Kopf, damit wieder Ideen reinpassen.

Und dieser Raum ist wie ein kleiner Zaubertrick. Plötzlich passiert etwas Neues. Nicht nur bei uns selbst – sondern auch im großen Ganzen. Denn 

egal, ob Kindergarten-Team oder IT-Abteilung: Wir alle sind Teil lebender Systeme.

Von lebenden Systemen – und warum sie uns alle betreffen

Und genau da passt es: Im September hätten zwei Menschen Geburtstag, die mein Denken geprägt haben – Francisco J. Varela (7.9.) und Humberto R. Maturana (14.9.). Vielleicht kennst du die beiden schon aus meinem Blogpost „Glück zum Selbermachen“ (Ein Danke an meine treuen Mitlesenden 😉).

Die beiden haben gezeigt, dass alles Lebende selbstorganisiert ist. Das gilt für Zellen, die sich erneuern. Für Tiere, die sich an neue Lebensräume anpassen. Für Menschen, die Entscheidungen treffen. Und ja, auch für Organisationen, die sich verändern, weil ihre Mitglieder es tun. (Schon mal ein Meeting erlebt, das plötzlich in eine ganz andere Richtung ging, obwohl du eine klare Agenda hattest? Willkommen in der Welt der Selbstorganisation. 😉)

Selbstorganisation heißt, die Impulse kommen von innen. Und – damit das Ganze nicht im Chaos versinkt – braucht es zwei Dinge: Ziele und Rahmenbedingungen.

Und hier schließt sich der Kreis. Kindergarten-Team oder IT-Abteilung – ohne Ziel treibt das System wie ein Schiff ohne Kurs. Und ohne Rahmenbedingungen ist es wie ein Spiel ohne Regeln – jeder spielt irgendwas.

Und wie war das bei mir?

In meiner Zeit als Leitung im Kindergarten habe ich gemerkt, Kinder, Kolleg:innen und Eltern brauchen keine perfekte Welt. Dafür brauchen sie Orientierung – und gleichzeitig Platz, um sich auszuprobieren. Klarheit, ja. Aber keine starren Vorgaben.

Das war für mich ein echter Aha-Moment. Führung bedeutet also nicht, alles festzuzurren, sondern Räume zu öffnen, in denen Entwicklung möglich ist.

Und im echten Leben? Ziele und Rahmenbedingungen sind selten perfekt. Es geht nicht darum – weder für Führungskräfte noch für jede Person, die Verantwortung trägt –, alles zu kontrollieren oder ideale Bedingungen zu schaffen. Es geht vielmehr darum, mit dem zu arbeiten, was da ist, uns daraus etwas Gutes entstehen zu lassen.

Genau hier liegt die Brücke zum positiven Denken – oder besser gesagt zu einer Haltung, die nicht an perfekten Umständen hängt. Denn wenn wir akzeptieren, dass Rahmenbedingungen nie makellos sind, bleibt uns eine entscheidende Wahl: Worauf richte ich meine Aufmerksamkeit (und worauf nicht)? Und damit sind wir mitten im nächsten Thema.

Positives Denken – ja, UND lösungsfokussiert

Der Positive Thinking Day am 13. September klingt für viele nach: „Komm schon, wickel‘s in Geschenkpapier ein, streu ein bisschen Glitzer darüber, ein Mascherl noch drumherum und lächle.“

Doch für mich geht es um etwas anderes:

  • Die Aufmerksamkeit bewusst auf das zu lenken, was schon funktioniert.
  • Wahrzunehmen, was uns stärkt
  • und zu überlegen, wie wir mit dem umgehen, was wir gerade haben.

Das ist kein „Alles ist schön“-Mantra, sondern ein klarer Blickwechsel. Oder, um es mit Insoo Kim Berg und Steve de Shazer zu sagen: „Finde heraus, was funktioniert – und mache mehr davon.“

Drei kleine Experimente für diese Woche

  1. Frage statt Feststellung: Wenn du heute denkst „Das wird schwierig“, ergänze: „…und was könnte trotzdem gut laufen?“ (Ja, auch wenn die Kaffeemaschine schon wieder spinnt.)
  2. System-Experiment: Beobachte dein Team (oder deine Familie 😉) wie ein kleines Labor. Frag dich: „Welcher Impuls kam heute von innen?“ – und schau, was er bewegt. Genau das meinten Maturana & Varela mit Selbstorganisation.
  3. Mini-Fokus: Suche gezielt nach einem Moment, der dich lächeln lässt – egal wie unscheinbar. Notfalltipp: Hunde- oder Katzenvideos zählen auch 😄
Lösungen entstehen, wenn wir Raum geben. Am Ende ist es egal, ob du gerade zwischen Kita-Bauecke oder/und Büro-Excel-Sheet pendelst oder ob die To-do-Liste länger ist als der Einkaufszettel vor Weihnachten. Entscheidend ist:
  • Worauf richtest du deinen Blick?
  • Welche Rahmenbedingungen kannst du gerade beeinflussen – und wo darf’s auch mal „gut genug“ sein?
  • Wo könnte schon heute eine Lösung entstehen?
Denn manchmal reicht’s schon, dem inneren Schwarzmaler einen Urlaubsschein auszustellen – und der Taschenlampe ein paar frische Batterien zu gönnen. Wer weiß, vielleicht leuchtet sie genau auf die Lösung, die schon längst auf dich wartet.